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Beiträge mit Tag ‘Stiller Abschied’

Von einem Freitod, auch Suizid, Selbsttötung oder Selbstmord genannt, spricht man, wenn ein Mensch willentlich sein Leben selbst beendet. Der Begriff des Freitodes geht auf Friedrich Nietzsche zurück, der ihn in seinem Werk „Also sprach Zarathustra“ als den freien Tod bezeichnete, bei dem sich ein Mensch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte selbstbestimmt zu einer ihm richtig erscheinenden Zeit tötet. Gesellschaftlich werden die Sterbehilfe und das Tabuthema Suizid möglichst rasch und gut verdrängt. Dabei wäre es wichtig frühzeitig Hilfen bei Suizidgedanken zu holen und gegebenenfalls eine Therapie zu beginnen.

Ist der Freitod wirklich Ausdruck des freien Willens?

Es gibt viele Philosophen, die davon ausgehen, dass es in der Tat möglich sei, die Selbstbestimmung über Leben und Sterben völlig frei und selbstgesteuert auszuüben. Sie gehen davon aus, dass man nach eingehenden Überlegungen mit klarem Kopf die Entscheidung über den eigenen Tod rational treffen könne. Hat man zum Beispiel eine schwere Krankheit, für die es keine Heilung gibt und die die Lebensqualität herabmindern würde, so könne man mit innerer Gelassenheit die Entscheidung, sein Leben zu beenden, freiwillig treffen, so die philosophische Sicht.

In der Medizin und der Psychologie wird das Thema der Freiwilligkeit des Freitodes kontrovers diskutiert. Die Psychologen und Psychiater sind der Meinung, dass ein Freitod eher ein Symptom einer psychischen Störung ist, die nicht wirksam behandelt wurde. Daher sei der erkrankte Mensch in seiner Wahrnehmung und Entscheidungsfindung eingeschränkt und könne keine rationale und freiwillige Entscheidung zum Freitod treffen. Deshalb gibt es in Deutschland auch die Möglichkeit, jemanden, der versucht hat, sich das Leben zu nehmen, zwangsweise stationär in eine psychiatrische Abteilung einzuweisen, um ihn vor sich selbst zu schützen.

Ursachen für einen Freitod

Aus medizinischer und psychologischer Sicht nimmt man an, dass ein Großteil der Suizide mit einer hohen Suizidrate aufgrund einer psychischen Erkrankung wie einer Persönlichkeitsstörung, einer Suchterkrankung oder einer Depression begangen wird. Eine weitere Ursache können chronische Schmerzen sein, die die Lebensqualität dermaßen beeinträchtigen, dass der Mensch lieber seinem Leben ein Ende macht, um der Qual zu entgehen.

Auch in einer massiven Lebenskrise greifen manche Menschen zum letzten Ausweg des Freitodes. Als besonders belastend und traumatisch wird der Verlust eines geliebten Menschen angesehen, sei es durch Tod oder durch Trennung. Ebenso können der wirtschaftliche Ruin, der Verlust des Arbeitsplatzes oder die große Angst vor der Arbeitslosigkeit die Zukunft so schwarz erscheinen lassen, dass ein Mensch sämtliche Hoffnung verliert und den Suizid als Ausweg wählt.

Der Mensch ist ein sterbliches Wesen, jedoch kennt fast niemand den genauen Zeitpunkt seines Sterbens – dieses Schicksal trifft mehr oder weniger nur Menschen, die zur Todesstrafe verurteilt wurden und den Hinrichtungstermin kennen. Selbst bei einer tödlichen unheilbaren Krankheit weiß man zwar die Todesursache, doch selten bis nie den konkreten Zeitpunkt, zu dem man vom Leben Abschied nehmen muss. Und bei einem tödlichen Unfall bleibt gar keine Zeit, vom Leben bewusst Abschied nehmen zu können.

In der heutigen jugendbesessenen Kultur weigern sich viele Menschen, ihrer eigenen Sterblichkeit ins Auge zu sehen und sich mit den Themen Tod und Sterben zu beschäftigen. Das Sterben als Teil menschlicher Kultur überhaupt wahrzunehmen fällt vielen schwer. Allerdings versäumen sie es so, sich in Würde und Ruhe auf ihr Lebensende vorzubereiten und ihren Abschied aktiv zu gestalten. Dadurch erschweren sie es nicht nur sich, das Leben in Frieden loszulassen, sondern auch für ihre Familienangehörigen und Freunde wird der Abschied so viel schwerer.

Vorbereitung auf den Abschied vom Leben

Spätestens wenn man eine unheilvolle Diagnose über eine tödliche Krankheit erhalten hat, sollte man sich auf seinen Tod vorbereiten. Es ist jedoch grundsätzlich wichtig für den Menschen, dass er sich dem Thema der eigenen Sterblichkeit stellt und rechtzeitig vorbereitende Maßnahmen trifft.

Zum einen gilt es ganz praktische Dinge zu regeln: das Testament verfassen, das Aufsetzen einer Patientenverfügung oder Patiententestament zum menschenwürdigen Sterben, die Zusammenstellung wichtiger Informationen für Familienangehörigen und die Regelung der Bestattungsart sowie deren Bezahlung. Eventuell möchte man sogar eine Verfügung zur Organspende ausstellen. Von diesen Maßnahmen sollte man sich nicht durch irgendeinen unsinnigen Aberglauben – wenn man sein Testament macht, beschwört man seinen Tod herauf – abhalten lassen, denn sonst wird die Bürde für die Familie nach dem Tod umso schwerer.

Es ist aber auch für den inneren Frieden äußerst wichtig, seine eigenen Gedanken und Vorstellungen zum Tod und dem, was danach passiert, zu klären. Gehört man einer Religionsgemeinschaft an, so werden dort meistens Antworten auf die Fragen zu einem Leben nach dem Tod angeboten. Für nicht gläubige Menschen finden sich verschiedene Antworten und Auffassungen bei vielen Denkern, Philosophen, aber auch bei Dichtern oder Wissenschaftlern. So kann jeder Mensch seine individuellen Antworten finden und sich durch die Auseinandersetzung mit dem Thema Tod den Abschied vom Leben erleichtern und sich damit aussöhnen.

Bewusster und gemeinsamer Abschied vom Leben

Es ist eine ungeheure Chance für eine Familie und für die Freunde eines betroffenen Menschen, wenn man im Angesicht des bevorstehenden Todes den Abschied vom Leben bewusst und gemeinsam gestalten kann. In intensiven Momenten kann man noch einmal ungeklärte Dinge klären, seine Gefühle für den anderen Menschen zeigen und sich gegenseitig die Angst vor der Einsamkeit des Sterbens nehmen. Selbst wenn man gemeinsam die Art der Bestattung bespricht sowie die Gestaltung der Trauerfeier, liegt darin neben dem Schmerz auch ein großer Trost, weil man weiß, dass man so dem geliebten Angehörigen noch einen letzten Wunsch erfüllen kann.

Auch für die Lebenden ist so ein bewusster Abschied von einem geliebten Menschen ungeheuer hilfreich, da sie sich auf den Verlust vorbereiten können und nie das Gefühl haben müssen, zu Lebzeiten des Menschen etwas mit ihm versäumt zu haben. Die Trauer und der Schmerz bleiben natürlich, jedoch lassen sie sich leichter bewältigen, wenn man seinen inneren Frieden mit dem Weggang des geliebten Menschen gemacht hat. Wenn man den nahenden Abschied vom Leben dergestalt akzeptiert hat, so ist man im Stande, dem Lebensende – dem eigenen oder dem eines anderen Menschen – mit Stärke und Gelassenheit entgegen zu sehen.

Wenn ein Mensch und seine Familie erfahren, dass er – aufgrund einer schweren Krankheit – nicht mehr lange zu leben hat und sich auf seinen Tod vorbereiten sollte, so stellt dies eine ungeheuer belastende Situation für alle Beteiligten dar. Der Schock muss überwunden werden, dem Tod muss man ins Auge sehen und die Tatsache akzeptieren, dass der Verlust eines nahestehenden Menschen in naher Zukunft verkraftet werden muss.

Neben diesem schwierigen emotionalen Themen haben viele Familien aber auch noch mit ganz praktischen Problemen zu kämpfen. Ein kranker Mensch benötigt auch im Sterbeprozess bis zu seinem Tod eine angemessene Pflege und Versorgung, die jedoch aufgrund der modernen Lebens- und Wohnsituation oft von der Familie selbst nicht geleistet werden kann. Ein normales Krankenhaus ist ebenfalls nicht auf eine umfassende Sterbebegleitung eingerichtet, wenn es keine Palliativstation hat, sondern kann schwer kranke und sterbende Menschen nur der seelenlosen Intensivstation überantworten. Zu empfehlen ist im Zusammenhang auch eine Radiosendung des Deutschlandfunks zum Thema Sterben und Tod.

Hospize für die letzten Schritte aus dem Leben

Seit Mitte der achtziger Jahre gibt es in Deutschland eine Alternative zur Intensivstation im Krankenhaus oder zu normalen Pflegeeinrichtungen. Aus England hat man das Konzept des Hospizes übernommen, welches im Normalfall eine stationäre Einrichtung zum Sterben begleiten ist. Derzeit verfügt Deutschland über 179 stationäre Hospize, die meistens nur wenige Betten haben, um eine umfassende und intensive Sterbebegleitung sicherstellen zu können. Das gleiche Konzept verfolgen die 231 Palliativstationen in verschiedenen Krankenhäusern. Darüber hinaus gibt es über 1500 ambulante Hospizdienste, die die Sterbebegleitung vor Ort im Heim des sterbenden Menschen vornehmen.

Philosophie der Hospize

In einem Hospiz stehen die Bedürfnisse des sterbenden Menschen und seiner Angehörigen im Vordergrund, um ihnen ein würdevolles Abschiednehmen mit intensiver emotionaler Begleitung zu ermöglichen. Die medizinische Versorgung wird umfassend vorgenommen, allerdings ist die Zielsetzung dabei nicht wie in einem normalen Krankenhaus eine Heilung des erkrankten Menschen oder Lebensverlängerung um jeden Preis, sondern der palliative Ansatz will dem Sterbenden bis zum Schluss eine größtmögliche Lebensqualität sowie Schmerzfreiheit verschaffen.

Die Hospize verfolgen jedoch nicht nur einen rein medizinischen Ansatz, sondern sie möchten eine ganzheitliche Sterbe- und Trauerbegleitung anbieten. Dabei orientieren sich die Hospize an einigen grundlegenden Qualitätskriterien. Neben der palliativen Versorgung (möglichst lange Erhaltung der Lebensqualität) dreht sich alles um die Bedürfnisse des kranken Menschen und seiner Angehörigen, diese stehen im Zentrum des Hospizdienstes. Die Angehörigen können bei Bedarf Tag und Nacht bei dem Sterbenden verweilen, dafür bieten die Hospize oft Schlafgelegenheiten und Aufenthaltsräume für Gäste an.

Das Hospiz bietet dabei Unterstützung mit palliativer Versorgung für Sterbende und deren Angehörige an, die durch ein interdisziplinäres Team an Fachkräften aus dem medizinischen Bereich, Trauerbegleitern, Psychologen und Seelsorger erfolgt. In diese Sterbe- und Trauerbegleitung können zudem noch freiwillige Begleiter einbezogen werden. So wird gewährleistet, dass ein unheilbarer Kranker in seiner letzten Lebensphase respektvoll, kompetent und umfassend betreut wird und ihm das Sterben durch die Nähe zu ihm nahestehenden Menschen bedeutend erleichtert wird.

Auf diese Weise kann der Tod als natürlicher Prozess wieder in das Leben integriert werden und muss nicht mehr einsam und isoliert erlitten werden. Die letzten Momente intensiver Nähe und eines bewussten Abschieds schenken sowohl dem sterbenden Menschen als auch seiner Familie und seinen Freunden einen großen Trost, da sie spüren, dass sie auch im Tod von Liebe umgeben sind.

Die Träger von Hospizen und Hospizdiensten sind sehr oft gemeinnützige Vereine, es existieren aber auch Stiftungen oder von Kirchen getragene Sterbehäuser. Manche Hospize haben eigene Ärzte, andere wiederum überlassen es dem Kranken, seinen Arzt auszuwählen, so dass er bis zum Schluss seinen vertrauten medizinischen Berater behalten kann.

Kostenträger für einen Hospizaufenthalt

Als Leistungserbringer des Gesundheitswesens werden Hospize und ambulante Hospizdienste zu einem großen Teil über Krankenkassen finanziert. Seit August 2009 übernehmen die Kassen 90 Prozent des Tagespflegesatzes, die restlichen zehn Prozent müssen die Hospize selbst aufbringen. Dies geschieht größtenteils durch Spendengelder, die auch dazu verwendet werden, den Hospizaufenthalt von Menschen ohne Krankenversicherung zu finanzieren.

Schwerstkranke und sterbende Menschen haben besondere Bedürfnisse, denen oft nur schwer Rechnung getragen werden kann. Die Krankenhäuser sind auf eine umfassende und humane Sterbebegleitung nicht eingestellt, und die Versorgung schwer kranker Menschen im häuslichen Umfeld durch Familienangehörige ist oft ebenfalls nicht möglich.

Seit Ende der achtziger Jahre gibt es in Deutschland Hospize und Palliativeinrichtungen, die sich genau dieser Sterbebegleitung widmen. Die Mitarbeiter der Einrichtungen haben es sich zur Aufgabe gemacht, den schwerstkranken und sterbende Menschen ein Abschiednehmen in Würde und in der Runde ihrer Familienangehörigen zu ermöglichen. Dabei werden neben den körperlichen Bedürfnissen auch die spirituellen, psychischen und sozialen Bedürfnisse berücksichtigt.

Der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband e.V.

Gegründet im Jahr 1992 vertritt der Verband die Belange von Menschen, die schwerstkrank sind und ihrem Lebensende entgegensehen. Der Verband agiert als Interessensvertretung der Hospizbewegung und seiner zahlreichen Hospize und Palliativeinrichtungen in Deutschland. Er sieht sich als Partner des Gesundheitswesens und der Politik, wenn es um Themen geht, die schwerstkranke und sterbende Menschen betreffen.

Der Verband möchte dabei den oft tabuisierten Tod wieder als Teil des Lebens bewusst machen, ihn wieder in das Leben integrieren und so ein würdiges Sterben möglich machen. Daher ist es dem Verband ein Anliegen, die Hospizidee gesellschaftlich zu verankern und zu verbreiten. Im Zusammenhang damit setzt er sich dafür ein, die Versorgung in Deutschland mit Hospizen und Palliativeinrichtungen flächendeckend auszuweiten.

Da das Sterben und das Abschiednehmen in Würde das große Anliegen des Verbandes ist, setzt er sich dafür ein, dass die Palliativeinrichtungen und Unterstützungsleistungen für sterbende und schwerstkranke Menschen dafür sorgen, dass die Patienten so lange wie möglich ihre Autonomie aufrecht erhalten können, sie möglichst schmerzfrei sind und die Angehörigen und nahestehende Freunde sie beim Sterbeprozess begleiten können und ihnen so Geborgenheit und Nähe schenken können. 

Als Dachverband verschiedener Hospizinitiativen und Palliativeinrichtungen bietet der Verband den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern die Möglichkeit, sich zu vernetzen. So kann ein Austausch zwischen den verschiedenen Einrichtungen stattfinden, und die Forschung im Bereich der Sterbebegleitung und der Palliativmedizin wird unterstützt. Der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband widmet sich ebenfalls den Themen Qualität und Qualitätssicherung bei den zahlreichen Hospizen und Palliativeinrichtungen. In Zusammenarbeit mit anderen Fachverbänden werden Qualitätsstandards definiert, die eine optimale stationäre oder ambulante Versorgung gewährleisten sollen. Der Verband unterstützt die Lebenshilfe bis zum Tod und setzt sich dafür ein, dass auch weiterhin Ärzte nicht auf Verlangen der Patienten bei einem Suizid behilflich sein dürfen. Er vertritt die Meinung, dass solch ein Ansinnen meist nur dann gestellt wird, wenn die Menschen sich beim Sterben allein gelassen fühlen.