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Friedhofskultur im Wandel der Zeit

Friedhofskultur

Für viele immer wiederkehrende Situationen haben die Menschen im Laufe der Jahrhunderte Zeremonien und Traditionen entwickelt. Manche davon sind durch den Glauben oder Aberglauben geprägt worden, andere entwickelten sich mit dem Fortschritt immer weiter. Die heutige Friedhofskultur in Europa hat sich durch die verschiedenen Epochen hindurch immer wieder leicht verändert und oft spielte dabei die katholische Kirche eine große Rolle. Erst im 20. Jahrhundert ermöglichte das Kirchenoberhaupt neue Interpretationen der Friedhofskultur und damit begann erneut eine Veränderung, die noch anhält.

Der große Wendepunkt in der Friedhofskultur

Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein fand man den Friedhof einer Stadt direkt neben der Kirche und die meisten Verstorbenen wurden in Särge gebettet und in der geweihten Friedhofserde bestattet. Die Trauerfeier und ihre einzelnen Zeremonien wie die Trauerrede und die Beileidsbekundungen am Grab wurden nach starren Regeln vollzogen und jeder Gläubige erhoffte sich davon einen Platz im Himmelreich. Die Kirche hatte Feuerbestattungen verboten, die ursprünglich auch in Europa eine gängige Bestattungsform darstellten, denn eine Wiederauferstehung konnte in ihren Augen nur mit einem unversehrten Körper erfolgen. Erst als das Kirchenoberhaupt in den 1960er Jahren eine Feuerbestattung nicht mehr grundsätzlich ablehnte, konnte sich eine neue Friedhofskultur entwickeln. Natürlich hab es auch während der Zeit des Verbotes immer wieder Feuerbestattungen. Nicht zuletzt aus Kostengründen mussten arme Familien darauf zurückgreifen, doch immer sahen sie sich der Gefahr ausgesetzt, bei der Kirche in Ungnade zu fallen. Nach der Aufhebung des Verbots konnten sich auch gläubige Christen einäschern lassen und die immer schwieriger werdende wirtschaftliche Lage ließ die Zahl der Urnenbestattungen ebenfalls rasch wachsen.

Friedhöfe ohne Glaubensbindung und natürliche Landschaften als letzte Ruhestätte

Im Zuge der Wiedererlaubnis von Feuerbestattungen, die von der Kirche ausging, konnte sich auch die Friedhofskultur als solches weiterentwickeln. Gläubige durften eingeäschert werden und der Gesetzgeber erlaubte Urnenbestattungen auch außerhalb von klassischen Friedhöfen auf dafür ausgewiesenen Plätzen. In der Schweiz entstand die Idee für Ruheforste und in Deutschland erlaubte man normalen Bürgern die Seebestattung. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde der Friedhofszwang ein wenig gelockert und seitdem dürfen Hinterbliebenen einen kleinen Teil der Asche zu Hause aufbewahren. Alle diese Entwicklungen führten zu einer neuen Friedhofskultur, die sich noch weiter verändern wird. Anonyme Bestattungen waren früher verpönt, da nur arme Leute so beerdigt wurden. Die moderne Welt braucht nicht zwingend einen Ort zum Trauern, denn die Menschen haben erkannt, dass Trauer im Herzen stattfindet. Natürliche Waldstücke oder kleine Bereiche in Meeren werden zu Ruheforsten und Seefriedhöfen, die keine Grabsteine oder Kennzeichnungen haben. Die neue Friedhofskultur bietet Platz für Harmonie, Ruhe, Erholung und Nachdenklichkeit ohne direkt mit der kühlen Friedhofstrauer konfrontiert zu werden, die man meist auf einem klassischen Friedhof empfindet.


Tags: Friedhofskultur
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