beileid-logo

Beiträge mit Tag ‘Totenkult’

In verschiedenen Kulturen und Religionsgemeinschaften hat sich die Vorstellung entwickelt, dass ein verstorbener Mensch seinen Körper im Jenseits noch benötigen würde. Daraus hat sich dann ein Totenkult der alten Ägypter entwickelt, der auch die Mumifizierung des Leichnams vorsah, um ihn für die Ewigkeit zu erhalten. Einige Völker in Südamerika praktizierten die Mumifizierung, besonders bekannt dafür sind jedoch die alten Ägypter. Allerdings wurden auch in der Neuzeit einige Menschen mumifiziert, so zum Beispiel Lenin und Mao Zedong; hier gaben jedoch politische und nicht religiöse Gründe den Ausschlag. Auch Pietät gehört fest zum Totenkult aller Völker, die ihre Verstorbenen in Ehren halten und würdevoll bestatten. Im Wandel der Zeit entwickelte sich hieraus auch ein moderner Lifestyle. Die Rituale veränderten sich stetig und heute ist der Trend zur Feuerbestattung schier nicht mehr aufzuhalten.

Prinzip der Mumifizierung

Bei der Mumifizierung werden Maßnahmen ergriffen, die das Verwesen eines Leichnams unterbinden. Eine Voraussetzung dazu ist das Austrocknen des Leichnams, da Feuchtigkeit im Körper und in der Umgebung den Verwesungsprozess fördert. Wird der Mensch jedoch in einer trockenen und gar heißen Umgebung bestattet, wie zum Beispiel bei den ganz frühen Ägyptern in der Wüste, so kann es auch ohne weitere Maßnahmen zu einer Mumifizierung kommen. Der Leichnam wurde vorbereitet für die traditionelle Erdbestattung. Im alten Ägypten wurden diese für Könige allerdings sehr prunkvoll ausgestaltet.

Mumifizierung im ägyptischen Totenkult

Die Mumifizierung wurde im alten Ägypten in einem Einbalsamierungshaus vorgenommen. Der Leichnam wurde zuerst entkleidet und gewaschen. Da die Ägypter festgestellt hatten, dass ein Verbleib der Organe im Körper der Mumifizierung abträglich war, entfernten sie im nächsten Schritt die inneren Organe. Das Gehirn wurde dabei mit einer bestimmten Methode durch die Nase aus dem Körper entfernt, damit das Gesicht und der Schädel intakt blieben. Danach wurden die inneren Organe bis auf das Herz und die Nieren durch einen Schnitt in die Bauchhöhle entfernt, präpariert und in eigenen Bestattungsgefäßen aufbewahrt.

Zur Austrocknung des Leichnams wurde der Körper innen und außen mit Natron behandelt. Nach einer Trocknungsphase von 35-40 Tagen konnten dann die nächsten Schritte der Einbalsamierung vorgenommen werden. Der Leichnam wurde erneut gewaschen, danach wurde ein erhitztes Salböl in den Körper gegossen und innen wie außen sorgfältig eingerieben. In die Körperhöhle gab man verschiedene Gegenstände wie zum Beispiel Sägespäne, Natronsäckchen und diverse Gewürze, die den Leichnam weiter konservieren und den natürlichen Körperumfang erhalten sollten. Einzelne Körperteile wie die Fingernägel oder die Augen wurden durch geeignete Maßnahmen gesondert geschützt. Zum Schluss wurde die Öffnung in der Bauchhöhle wieder verschlossen.

Der so präparierte Leichnam wurde dann zum Schluss mit mehreren Lagen Leinenbinden umwickelt. Manchmal wurden Körper und Extremitäten erst einmal einzeln umwickelt, in anderen Fällen wurde der gesamte Körper mit Binden zu einem Kokon gewickelt. Dabei wurden zwischen den verschiedenen Lagen etliche magische Amulette mit eingewickelt, die den Toten im Jenseits beschützen sollten. Im Abschluss daran wurde der Tote dann in einen Sarg gelegt, der wiederum in einen Sarkophag gelegt wurde.

Jede Kultur und jede Religion entwickelt bestimmte Vorstellungen, was nach dem Tode mit dem Menschen geschieht. Je nach diesen Vorstellungen wurde mit den Toten unterschiedlich verfahren. Im Christentum war die traditionelle Erdbestattung üblich, da man glaubte, der Mensch sei aus Staub erschaffen worden und würde wieder zu Staub zerfallen. In anderen Kulturen und Religionsgemeinschaften der großen Weltreligionen war es üblich, die Verstorbenen zu mumifizieren, da man glaubte, dass sie auch im Jenseits ihren Körper noch benötigen würden. Dieser Vorstellung hing man auch im alten Ägypten an, so das sich daraus ihr charakteristischer Totenkult entwickelte. Pietät gehört zum Totenkult in jeder Religion, da ein würdevoller Umgang mit den Verstorbenen für die Menschen selbstverständlich ist.

Die mythischen Vorstellungen der Ägypter

Die alten Ägypter glaubten, dass der Mensch aus sechs verschiedenen Teilen besteht, von denen drei Teile sterblich waren: sein Name, sein Körper und sein Schatten. Die drei unsterblichen Teile wurden im Jenseits benötigt, der eine Teil versorgte den verstorbenen Menschen im Jenseits mit Nahrung, ein weiterer Teil war mit dem Herzen des Menschen verbunden und konnte sich nur wieder mit ihm vereinigen, wenn der Körper noch existierte. Der dritte Teil stellte die Verklärungsseele des Menschen dar, die erst nach dem Tode entstand und seine Seele auf ewig in den Bereich der Götter brachte. Das Grab eines Menschen wurde daher als seine Wohnstätte angesehen, die ewig existieren sollte und mit allem Notwendigen ausgestattet wurde.

Der Totenkult der Ägypter

Da die Erhaltung des Körpers für das ewige Leben im Jenseits nahe den Göttern unabdingbar war, entwickelten die Ägypter effiziente Techniken, den Körper eines Verstorbenen zu mumifizieren. Die aus nicht geplünderten Grabstätten stammenden Funde belegen dies eindrucksvoll, sind manche der Mumien doch mehrere 1000 Jahre alt. Die Leichname wurden mit reichhaltigen Grabbeigaben versehen, da man glaubte, der Tote würde auch im Jenseits Arbeitskräfte, Diener, Tiere, Gegenstände sowie Nahrung benötigen. Die menschlichen und tierischen Begleiter ins Jenseits wurden in Form von kleinen Figuren beigegeben, die je nach dem Reichtum des verstorbenen Menschen aus unterschiedlichen kostbaren Materialien gefertigt worden waren.

Den Toten wurde weiterhin von ihren Angehörigen Speisen und Getränke geopfert, auch führte man die Kommunikation mit ihnen fort, in dem man ihnen Briefe schrieb. Die Gräber reicher und mächtiger Menschen bestanden aus üppigen Bauten – berühmt sind die verschiedenen Pyramiden der Pharaonen –, in denen die eigentliche Grabkammer im Normalfall geheim und versteckt angelegt worden war, um sie vor Plünderungen zu schützen.

Gothic, Wave und die gesamte Schwarze Szene sind Begriffe, die für eine gewisse Form von Totenkult als Lifestyle stehen.

Gothic steht hierbei für gotisch im Sinne von düster oder schaurig und die Bewegung entstand Ende der 1970er Jahre aus einer Rockmusikrichtung. Die düstere und dumpf klingende Musik einer in England entstandenen Musikrichtung gilt auch als Grundstein für die später folgende Jugendbewegung. Fehlinterpretierungen, die Gothic mit der gotischen Epoche in Verbindung bringen und damit einen direkten Bezug zum Mittelalter herstellen wollen, sind auch heute noch in vielen Köpfen vorhanden.

Totenkult als Mittel zur Rebellion?

Früher war der Tod enger mit dem Leben verbunden, denn die Toten wurden Zuhause aufgebahrt und die Familienangehörigen versorgten die Verstorbenen selbst. Der Tod als endgültiges Ereignis stand auch damals schon für Düsternis und Trauer, doch die Lebenden akzeptierten ihn als Teil ihres Daseins. Mit der Erbauung von Krankenhäusern rückten die Kranken und Toten weiter weg von ihren Familien und es entstand eine eher ängstliche und abweisende Haltung ihm gegenüber. Das Sterben wurde zum Tabu-Thema, über das die Gesellschaft nicht sprechen wollte. Die düsteren Klänge der Bands aus dem Post-Punk-Umfeld schreckten die Erwachsenen ab, denn sie fühlten sich damit an das ungeliebte Thema Sterben erinnert. Da junge Generationen sich gern von ihren Eltern abheben möchten, wurde aus den dunklen Klängen bald eine richtige Jugendbewegung, in der die Farbe Schwarz dominierte. Zum Entsetzen der Erwachsenen schminkten die Jugendlichen absichtlich ihre Haut blass und hoben die Augen mit der Farbe Schwarz hervor. Totenähnlich sollte das Styling wirken und damit abschreckend für alle Außenstehendenden. Aus dieser gewaltlosen, aber wirkungsvollen Rebellion wurde im Laufe der Jahrzehnte ein richtiger Lifestyle.

Mode als Ausdrucksmittel im Totenkult

Die Jugendkultur unter dem Oberbegriff Schwarze Szene entwickelte schnell auch äußere Merkmale. Neben den auf Totenblässe geschminkten Gesichtern spielte vor allem die Farbe Schwarz in der Mode die Hauptrolle. Die Anhänger des dunklen Kults kleideten sich ausschließlich in Schwarz und Totenköpfe wurden als Ring, Kettenanhänger oder sonstiger Silberschmuck getragen. Auch keltische Symbole wurden in die Outfits integriert und schnell sagte man den Anhängern dieser Bewegung auch satanische Aktivitäten nach.  Schwarze Messen auf Friedhöfen und die Anbetung von Satan wurden ihnen zur Last gelegt, doch nur ein ganz geringer Teil der Jugendlichen befasste sich wirklich mit diesen Themen. Der Großteil der Grufties, wie sie schnell genannt wurden, hatte einfach Freude an der Provokation der Gesellschaft, die den Tod aus ihrem Alltag verbannt hatte. Der Totenkult als Lifestyle ist weniger eine Todessehnsucht, sondern eher ein Ausdrucksmittel des „Anderssein“ und dient auch dazu, das Thema Vergänglichkeit wieder mehr in den Fokus der Allgemeinheit zu bringen.

Pietät TotenkultWenn ein Angehöriger oder nahe stehender Mensch verstorben ist, bedeutet das gerade bei einem plötzlichen Todesfall erst einmal einen Schock, der die Betroffenen eine Zeit lang in seinen Klauen hält und lähmt. Ist die erste Wirkung des Schocks abgeklungen, fängt der Hinterbliebene an, sich mit dem Tod des Menschen auseinander zu setzen und auch die Beziehung zu ihm noch einmal Revue passieren zu lassen.

Da Menschen nicht perfekt sind, kann diese Beziehung durchaus eine belastete und nicht durchwegs angenehme gewesen sein. Vielleicht war sie sogar von Hass, Wut und Abscheu geprägt. Und dennoch wird es in unserer Kultur erwartet, dass diese Gefühle nicht in den Trauer- und Abschiedsprozess gehören, sondern dem Toten ein gewisser Respekt erwiesen wird. Denn in unserem Kulturraum gehört Pietät zum Totenkult.

Nicht umsonst heißt es, über die Toten solle man nichts Böses sagen. Das dient übrigens nicht nur dem Schutz des guten Namens eines Verstorbenen oder gar der Heuchelei, sondern soll auch eine Hilfe für die Lebenden darstellen. Je länger man seinen Groll auf einen Verstorbenen nährt und die erlittenen Verletzungen und Ungerechtigkeiten lebendig hält, desto mehr Energie entzieht man sich selbst, die man für eine Gesundung und Verarbeitung benötigen würde. Loslassen und Verzeihen sind etwas, das man sich selbst zuliebe tut, um endlich die Bürde von Hass und Wut abzulegen und befreit davon sein Leben neu gestalten zu können.

Daher ist die Forderung von Pietät – Respekt und wertschätzender Umgang dem Toten gegenüber – eine durchaus sinnvolle Forderung auch für die Lebenden. Die vor Hass sprühende Witwe eines Toten, die auf sein Grab spuckt, ist in der Vorstellung der meisten Menschen an Abscheulichkeit und Würdelosigkeit kaum zu überbieten. Die womöglich negativen oder abschätzigen Gefühle, die der Einzelne für den Verstorbenen empfunden hat, sollte er vor den anderen Trauernden für sich behalten und erst einmal mit sich selbst ausmachen. Der Abschied fällt ein wenig leichter, wenn es gestattet ist, ihn in Ruhe und Würde und mit Pietät vorzunehmen.

Hinzu kommt, dass in einer belasteten Beziehung die Sichtweise auf einen Menschen stark eingeengt und durch die negativen Gefühle gefiltert wird. Ein Mensch hat viele Facetten und ist nie nur gut oder böse. So kann der verhasste verstorbene Chef ein wunderbarer Ehemann und Familienvater gewesen sein – eine Seite, die der Mitarbeiter nie hat wahrnehmen können. Von daher gebietet es die Pietät, die ehrliche Trauer der Familienmitglieder nicht durch von Ärger diktierte ausfallende Äußerungen zu stören.