Virtuelle Hinterlassenschaften
Bei einem Todesfall gilt es viele Dinge zu regeln und aufzulösen. Zum einen natürlich alle physikalischen Besitztümer des Verstorbenen, die unter den Erben gemäß seinem Willen zu verteilen sind. Trauerkarten werden geschrieben, die Trauerfloristik bestellt und der Haushalt muss aufgelöst werden, bestehende Verträge und Mitgliedschaften sind zu kündigen, noch offene Verpflichtungen zu begleichen. Oft ist es für die Hinterbliebenen gar nicht so leicht, sich einen umfassenden Überblick über alle bestehenden Verträge, Abonnements, Konten und Depots zu verschaffen, wenn der Verstorbene sie niemandem mitgeteilt hat.
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Der Tod muss auch online gehen
In den heutigen Zeiten kommen in immer größerem Umfang auch noch virtuelle Hinterlassenschaften hinzu, mit denen man sich beschäftigen muss. Fast jeder Mensch hat mittlerweile einen Account bei Facebook, twittert, nutzt mehrere Emailadressen, macht Onlinebanking, ist Mitglied in verschiedenen Foren, akquiriert seine Aufträge über Freelancerportale oder spielt Onlinegames mit seinem Avatar.
Viele Hinterbliebene wissen oft gar nicht, wo sich der verstorbene Mensch überall registriert hat, wo er womöglich noch Geld schuldig ist oder aber welches zu bekommen hat. Diese Geheimhaltung gilt besonders für Seiten, die wegen ihrer Natur vor den Angehörigen verborgen bleiben sollten. Die wenigsten Menschen haben diese Daten an einem zentralen Ort gesammelt, samt sämtlichen notwendigen Zusatzdaten wie Benutzername, Passwort und eventuell geheimer Sicherheitsfrage.
Digitales Leben kann ewig dauern
Wenn man nichts unternimmt, bleiben diese Daten auf ewig in den Tiefen des Cyberspace vorhanden und können auch Jahre nach dem Todesfall noch aufgerufen werden, denn im Netz haben Informationen kein Verfallsdatum. Daher möchten die meisten Hinterbliebenen sie natürlich am liebsten löschen, scheitern aber an den beschriebenen Schwierigkeiten.
Selbst bei den Seiten, bei denen man definitiv weiß, dass der Verstorbene dort registriert war, ist die vollständige Löschung eines Accounts gar nicht so einfach. Der Datenschutz verlangt von den meisten Portalen, dass sie sich eine Sterbeurkunde oder einen Erbschein vorlegen lassen, ehe sie die Zugangsdaten des verstorbenen Mitglieds übermitteln.
Und selbst wenn das erfolgreich war, ist nicht sicher, ob wirklich alle Daten gelöscht wurden. Das Netz hat ein perfektes Gedächtnis, so dass viele Inhalte auch an anderen Stellen gespeichert wurden, auf die man keinen Zugriff mehr hat.
Das digitale Testament
Mittlerweile gibt es verschiedene Anbieter, die Angehörige dabei unterstützen, die virtuellen Hinterlassenschaften aufzulösen. Je nach Wunsch des Verstorbenen, der sich dort angemeldet hatte, erbringen sie unterschiedliche Leistungen.
Sie können automatisch Accounts löschen, Profile aus dem Netz nehmen, aber auch auf Wunsch Abschiedsbriefe an Communitys schicken, in denen der Verstorbene Mitglied war, und die sonst womöglich nie von dessen Tod erfahren hätten. Oder sie übermitteln die verschiedenen Zugangsdaten an die Angehörigen, die dann nach eigenem Gutdünken mit den Accounts verfahren können. Eine Entscheidung sollte aber auf jeden Fall getroffen werden, um einem Missbrauch von Daten vorzubeugen.