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Beiträge mit Tag ‘verdrängen’

Der Tod ist ein untrennbarer Bestandteil jeglichen Lebens, denn bisher hat die Menschheit noch kein Mittel gefunden, ihn endgültig zu überwinden. Viele Menschen haben jedoch eine so große Angst vor dem Tod, dass sie das Thema des Sterbens verdrängen und den Tod zum Tabu erklären, dabei ist dies ein Teil der menschlichen Kultur. 

Die typischen „Verdränger“ stürzen sich dabei in eine Vielfalt von Aktivitäten und Ablenkungen, um keinesfalls mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert zu werden. An dieser Stelle empfehlen wir den Filmbeitrag „Ente Tod und Tulpe„, denn hier wird sehr anschaulich erklärt, dass der Tod nicht unser Feind, sondern sogar ein Freund sein kann. Durch diesen Mechanismus wird man leider auch unempfindlich gegen das Leid der Anderen.

Flucht statt Ehrlichkeit

Diese Flucht vor dem Thema führt oft dazu, dass die Menschen auch weitere für sie unangenehme Themen ausblenden und ihren Geist ständig so beschäftigen, dass ein bewusstes Leben und Nachdenken gar nicht mehr möglich wird. Und die Welt bietet auch heutzutage so viel Ablenkung, dass eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Leben und im Sterben sehr leicht verhindert werden kann.

Diese Verdrängungsstrategie mag auf den ersten Blick etliche unangenehme Momente und Erkenntnisse verhindern, wirkt sich aber umso schlimmer aus, wenn im Umfeld dieser Menschen ein Todesfall eintritt. Vor diesem können sie die Augen nicht mehr verschließen, aber sie haben keinerlei Strategien, wie sie mit Tod und Trauer umgehen sollen. Dabei sind gerade dies die wichtigsten Momente im Leben und ein Beistand oder auch zumindest ein Mitgefühl in dieser Situation ist unausweichlich.

Bewusstes Leben und Sterben

Ein bewusstes Leben hingegen schließt auch ein, dass man sich seiner eigenen Sterblichkeit bewusst ist und sich mit der Frage nach dem Sterben und Tod eingehend auseinander setzt. Denn selbst wenn man auf die Frage, was nach dem Tod mit dem Menschen geschieht, keine eindeutige Antwort findet, so kann diese Beschäftigung dennoch zu einer friedvollen Akzeptanz der eigenen Sterblichkeit führen und einen mit der Tatsache aussöhnen, dass man sterben wird, denn Leben und Sterben liegen nahe beieinander.

Die ehrliche Konfrontation mit dieser Tatsache verringert oft die Angst vor dem Tod im Alltag und führt zugleich dazu, dass man das Leben und seine kostbaren Momente noch mehr schätzt und ganz bewusst intensiver genießt. Ein bewusstes Leben erleichtert daher den Umgang mit dem Tod und dem Sterben, weil man die Zeiten des gemeinsamen Lebens intensiv genutzt und genossen hat und es keinen Grund zum Bedauern von verpassten Gelegenheiten gibt.

Viele Menschen, die sehr bewusst leben und sich intensiv mit ihrer eigenen Sterblichkeit befasst haben, konstatieren sogar, dass sie keine Angst mehr vor dem Tod haben, sondern allenfalls den Prozess des Sterbens fürchten, sollte er mit Schmerzen und Pein verbunden sein. Daher treffen sie zu ihren Lebzeiten oft Verfügungen, die ihnen das Sterben erleichtern können, wie eine ausführliche Patientenverfügung, in der sie bestimmen können, ab wann man ihrem Leid ein Ende bereiten soll. Diese Maßnahmen erleichtern auch ihnen nahestehenden Menschen den Umgang mit dem Sterben, da sie sich selbst betreffende Entscheidungen schon zu Lebzeiten treffen und sie nicht ihren Familien aufbürden. Zudem gibt es auch die Palliative Pflege, welche das humane Sterben ohne Schmerzen ermöglicht.

Kinder erfahren im Kindermuseum des Edwin-Scharf Museums in Ulm viel zum Titelthema „Erzähl mir was vom Tod“ einer Ausstellung, die wir in unserem heutigen Leitthema übernommen haben. Die europäische Gesellschaft schließt die Themen Sterben und Tod kategorisch im Alltag aus. Deshalb mutet das Ansinnen des Museums gerade mit Kindern über dieses Thema zu reden, befremdlich an. Und dann soll diesen Themen auch gleich noch eine Ausstellung für Kinder und deren Eltern, gewidmet sein? Wer sich näher mit dieser Problematik des Ausgrenzens eines natürlichen Themas befasst muss zu dem Schluss kommen das es genau richtig ist, gerade mit Kindern darüber zu reden. Kinder wollen Antworten auf drängende und wichtige Fragen. Man darf sie doch gerade mit angstbesetzten Bereichen nicht alleine lassen. Es ist eigentlich geradezu naheliegend und natürlich, das Kinder sich fragen wenn Oma oder Opa sterben, dass dies auch Papa oder Mama passieren kann. Diese Vorstellung bedroht die Sicherheit in ihrer behüteten Kinderwelt.

Tod und Sterben – ausgegrenzt in unserer Gesellschaft

Kinder verstehen mehr als Erwachsene manchmal glauben. Wenn dann diese schweren Themen wie „alt und gebrechlich werden“, „Zeit, die verrinnt“ und „die Vergänglichkeit alles Irdischen“ für Kinder verständlich dargestellt werden, stellt das auch für sensible Kinderseelen kein Problem dar. In den überlieferten Märchen und alten Mythologien sterben häufig Beteiligte, wenn auch in der Regel nur die Bösen. In Kino- oder Fernsehfilmen kommen Leichen vor, und auch hierdurch werden Kinder und Erwachsene konfrontiert mit diesen Tatsachen, welche zu unserem Leben gehören. Auch in Spielen wird seit Menschengedenken, das Leben und der Tod erklärt. Vor Kindern hieraus ein mysteriöses Geheimnis zu machen ist also ohnehin unmöglich. Das schürt nur deren Ängste, anstatt sie ihnen zu nehmen.

Die Ausstellung wird in Neu-Ulm noch bis zum 9. September 2012 angeboten.

Erlebbare räumliche Inszenierungen lassen die umfänglichen und vielfältigen Aspekte dieses Themas erahnen: Es gibt einen „Uhrenraum“ welcher das Verrinnen unserer Lebenszeit vor Augen führt. Mithilfe von großen Sanduhren geht die Führung in weitere mystische Welten. Erkundungsgänge heißen zum Beispiel: „Paradiesgarten“ oder „Wohnzimmer der Erinnerungen“ oder „Galerie der Lebensalter“ oder „mexikanischer Altar“. Man kann darüber diskutieren und geteilter Meinung sein, ob die Ausstellung eine pädagogische Vermittlung oder vordergründige Didaktik anstrebt oder nicht.

Eines ist jedoch sicher, sie wird anregen innerhalb der Familie keine Themen mehr wegzudrängen, sondern sie sachlich und direkt auszudiskutieren. Sie gibt Anstöße mit Kindern offen und ehrlich auch über die eigene Einstellung zum Sterben zu sprechen und hierfür votieren auch Experten. Pädagogen und Therapeuten sind dafür mit Kindern schon frühzeitig darüber zu sprechen und sie auch von Begräbnissen nicht auszuschließen aus falscher Rücksichtnahme. Offene Worte wie: Ich bin traurig oder ich fühle mich sehr betroffen, damit können Kinder gut umgehen. Zudem helfen Kindern und auch Erwachsenen diverse Trauerrituale, wie ein selbst gemaltes Bild oder Basteleien oder Blumen als Grabbeigabe, aktiv am Trauerprozess teilzunehmen. Wenn man es schafft, das Thema weder zu dramatisch noch zu harmlos darzustellen, hilft das sowohl Kindern als auch deren Eltern.

Den Tod verdrängen

Die Menschen streben seit jeher nach Kontrolle und Macht. Der technische Fortschritt basiert auf dem Wunsch nach Effizienz und Kontrolle, was gleichzeitig Macht bedeutet. In der Medizin hilft jeder Fortschritt ein Stück mehr Kontrolle über den menschlichen Körper und seine kleinen und großen Gebrechen zu erhalten. Der Kontrollwunsch beinhaltet aber auch Veränderungen. Wir mögen keine Veränderungen, die wir nicht selbst bewusst herbeigeführt haben, denn das zeigt auch dass wir nicht über alles die volle Kontrolle erlangen können und uns immer wieder neu auf Situationen einstellen müssen.

Den Tod kann man nicht verhindern

In der Natur von uns Menschen liegt es auch, dass wir unangenehme Dinger gern hinauszögern oder komplett verdrängen. Insbesondere versuchen wir Tatsachen, die wir nicht beeinflussen können so weit zu verdrängen, dass sie nicht unser Bewusstsein beherrschen. Das ist zum Teil notwendig, denn wenn immer der Gedanke an schlimme Ereignisse unser Denken beherrscht, können wir keine Lebensfreude empfinden. Menschen, die immer nur Schlimmes erwarten, geraten schnell in Depressionen und verlieren damit allen Lebensmut. Jeder von uns wird irgendwann einmal sterben und das wissen wir bereits in der Kindheit. Die Gesellschaft jedoch verbindet den Tod mit Krankheit und Siechtum und negativen Emotionen. Diese wiederum werden aus dem täglichen Leben verbannt und das teilweise so perfekt, dass wir uns den Gedanken an unseren eigenen Tod nicht mehr gestatten.

Den Tod kann man nicht rückgängig machen

Viele schlimme Ereignisse im Leben lassen sich im Nachhinein abmildern oder durch große Anstrengungen sogar rückgängig machen. Den Tod können wir allerdings auch mit der modernsten Medizin nicht rückgängig machen. Er ist endgültig und das macht uns Angst. Wir haben keine Kontrolle darüber, wann er eintritt und wie schmerzhaft er wird. Wir können ihn bei Krankheiten allenfalls ein wenig hinauszögern, doch niemals komplett verhindern oder gar rückgängig machen. Der Verlust eines geliebten Menschen durch dessen Tod kommt für uns immer zum falschen Zeitpunkt, denn einen richtigen dafür gibt es nicht. Egal ob eine lange Krankheit voraus ging oder ein Unfall den Tod zur Folge hatte, wir glauben immer, dass wir vieles versäumt haben. Wir wollten noch gern sagen, wie sehr wir den Menschen lieben und ihn brauchen, doch der Tod ist uns zuvorgekommen. Wir wollten noch so vieles gemeinsam erleben, doch der Tod hat dies verhindert. Der Tod ist also schuld daran, dass wir viele emotionale Situationen nicht mehr gemeinsam mit dem geliebten Menschen erleben können und das schockiert uns und macht Angst. Die Endgültigkeit dieses Ereignisses ist also ein weiterer Grund, warum wir den Tod verdrängen.

Erinnern an Verstorbene statt verdrängen

Gedanken zur Erinnerung

…. und immer noch sind Spuren deines Lebens in unseren GedankenDeine Bilder, Augenblicke mit dir, die uns kostbar in Erinnerung bleiben
und uns glauben lassen du wärest noch hier bei uns
(Angelika Schmid)