Die Veden im Hinduismus
Der Hinduismus hat sich in verschiedene Strömungen aufgeteilt, die zum Teil sehr unterschiedliche religiöse oder heilige Schriften anerkennen. Fast alle sehen jedoch die Veden als unumstrittene grundlegende Sammlung religiöser Texte an, denen eine normative Autorität zugesprochen wird. Der Hinduismus gehört zu den großen Weltreligionen unser Zeit.
Das Sanskritwort Veda bedeutet wörtlich Wissen und wird verstanden als Wissen, das in Offenbarungen an mystische Weise direkt vom Göttlichen empfangen wurde. Sie wurden lange Zeit ausschließlich mündlich überliefert und mussten zur genauen Rezitation auswendig gelernt werden. Dabei durften nur Brahmanen, Angehörige der obersten Kaste, dieses Geheimwissen erlernen und weiter geben. Es wurde als kompliziert und schwer zu verstehen angesehen, deshalb glaubte man, dass nur die Priesterkaste dieses Wissen richtig überliefern und anwenden konnte.
Erst nach Jahrhunderten der mündlichen Überlieferung entstanden erste Aufzeichnungen der Texte, die aber weiterhin nur den Brahmanen zugänglich waren. Im Laufe der Zeit verbreiteten sich die Veden aber unter anderem dank des Buchdrucks auch in anderen Schichten der Bevölkerung. Doch gibt es selbst im modernen Hinduismus immer noch Brahmanen, die die schriftliche Form ablehnen und alle Veden nach wie vor auswendig beherrschen.
Die vier Veden
Die Veden gliedern sich in Textsammlungen aus dem Zeitraum von ungefähr 1200 bis 900 vor Christus. Dabei sind die Veden noch in vier verschiedene Textschichten aufgeteilt, die unterschiedliche Textklassen enthalten. In der ältesten Schicht finden sich die Hymnen zur Anrufung verschiedener Gottheiten, die eigentlichen sogenannten Veden.
Die nächste Schicht beinhaltet priesterliche Ritual- und Opfertexte und wird Brahmanas genannt. Sie entstand im Zeitraum 800 bis 500 vor Christus. Es folgen die sogenannten Waldtexte, Aranyakas, aus demselben Zeitraum mit religiösen Lehren, und den Abschluss bilden die Upanishaden, die philosophische Inhalte haben. Sie entstanden ungefähr 700 bis 500 vor Christus.
Die erste Veda, die Rigveda, enthält Texte in Form von Hymnen zur Anrufung verschiedener Gottheiten, die als die Verkörperung von Brahman, der universellen Kraft, angesehen werden. In den Hymnen werden eine oder mehrere Gottheiten gepriesen oder in bestimmten Fällen zu Hilfe gerufen.
In der Veda Samaveda sind die an liturgische Zwecke angepassten Lieder enthalten, die bei Opferritualen gesungen werden. Die dritte Veda Yajurveda gibt es als schwarze und weiße Yajurveda; sie enthält rituelle Opferformeln und Mantras, die der Priester zu sprechen hat. In der vierten Veda Atharvaveda sind magische Formeln und Zauber enthalten, die zum Beispiel Krankheiten heilen, Dämonen austreiben oder einen Menschen in Liebe entbrennen lassen sollten. Da es nicht nur weiße Magie, sondern auch schwarze Magie in dieser Veda gibt, wird die Heiligkeit dieser Texte von manchen Richtungen angezweifelt.
Die Bedeutung der Veden
Die Veden stellen die ältesten heiligen Schriften im Hinduismus dar. Die hinduistischen Strömungen glauben, dass sie die heiligen Lieder, Hymnen, Formeln und Ritualtexte ihre Wirkung nur entfalten können, wenn sie absolut wortgetreu wiedergegeben werden. Das hat dazu geführt, dass sie überJahrhunderte auch bei der mündlichen Überlieferung wohl nicht verfälscht wurden und es sich immer noch um die ursprünglichen Texte handelt.
Dieser Glaube, dass die heiligen Schriften unbedingt streng befolgt werden müssen, hält auch heute noch im Hinduismus das Kastensystem aufrecht, obwohl in der indischen Verfassung eine Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Kaste verboten ist. Da die Religion aber besagt, dass jeder Mensch wegen seiner Verdienste in einem früheren Leben in genau dieser Kastenzugehörigkeit wiedergeboren wurde, muss der gläubige Hindu diese soziale Stellung akzeptieren und kann nur darauf hoffen, in einem nächsten Leben in einer höheren Kaste wiedergeboren zu werden.
Die heiligen Schriften des Hinduismus wirken sich auch immer noch auf die Aufgabe und die Stellung der Frau aus. Im Hinduismus ist die Rolle der Frau hauptsächlich die einer opferbereiten Gattin und hingebungsvollen Mutter, eine unverheiratete und berufstätige Frau genießt keinen sehr hohen Status. Moderne Bestrebungen bemühen sich jedoch darum, auch den Feminismus mit religiösen Pflichten und Geboten in Einklang zu bringen.
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